Kann man vom Marathon in New York einfach nur „berichten“? Natürlich nicht! Sicher muss man einige Dinge erleben, es reicht nicht, davon zu lesen. Entweder erlebt man es als einer der 38.000 Läufer oder als einer der 2 Millionen Zuschauer am Rande. | ![]() |
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Reportage auf den Michigan Runner Television |
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Für die Läufer gibt es mehrere Möglichkeiten, diesen Marathon zu laufen, aber ich denke, es ist definitiv kein Lauf mit Bestzeit-Ambitionen. Zunächst die fünf Brücken, die zu überqueren anstrengend genug ist; genauso wie auch die sonstigen Ausmaße in diesem Land reichen die Brücken kilometerlang. Es gibt mehrere langgezogene Streckenabschnitte, was ein bisschen an der Moral kratzt, und an den Beinen, wenn sie über 6 km die First Avenue Richtung Bronx hinauflaufen müssen. Oder später im Central Park, kurz vor dem Ziel, das ist lang! | ![]() |
Video Reportage, miitendrin! Garantierte Stimmung! |
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Ein anderer schwieriger Aspekt für den ambitionierten Sportler ist die Wartezeit bis zum Start: mindestens 4 Stunden vorher (Treff um 5 Uhr an der Public Library für diejenigen, die den Bus zum Start nehmen, der Start ist um 10.10 Uhr), oft steht man in der Schlange, für die Fähre, für den Bus zum Start von der Fähre. Und dann muss man sich mehr als eine Stunde vor dem Startschuss schon in den Startblock begeben. Unmöglich, sich vor dem Start ein wenig aufzuwärmen oder einzulaufen. Nicht einfach, den Flüssigkeitshaushalt zu regulieren, selbst wenn es überall Toiletten gibt. | ![]() |
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Mein Ziel war folglich bescheiden: die Atmosphäre dieses „thrilling events“ zu genießen und – wenn möglich – unter 3 Stunden zu finishen. Es war mein sechster Marathon dieses Jahr. Wenn ich mal den Alpin Marathon von Zermatt im Juli ausnehme (das ist ein anderer Sport!), bin ich in Wien Ende April 2:52 h gelaufen, zwei Wochen später (!) in Prag 2:58 h, 2:57 h im August in Helsinki und 2:55 h in Wachau im September. Das sieht danach aus, dass es machbar ist, in New York unter drei Stunden zu laufen, ohne dass es allzu weh tut. Auch kann man sagen: Das gesteckte Ziel ist nicht vollkommen unerwartet. 2:57:03 h, ein gutes Ergebnis, aber ich war vollkommen fertig. Ich bin zu schnell gestartet, aber das soll nicht heißen, dass ich weniger kaputt gewesen wäre, wenn ich langsamer gestartet wäre. Es gab tatsächlich einige schwierige Streckenabschnitte. | ![]() |
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Was die Atmosphäre betrifft, ist es der absolute Wahnsinn. Wo anfangen? Natürlich der Start, sehr ergreifend mit Hymne und das langsame Vorrücken der Startblöcke. Ich hatte das Glück, einen Startplatz für schnelle Läufer zu bekommen, deshalb war ich recht gut platziert, doch vor mir waren noch die Mitglieder der New York Road Runners und die Profiläufer. Eine kleine Enttäuschung war, dass ich im Grünen Block war und deshalb auf dem unteren Niveau der Verrazano Bridge lief. Schnell kamen wir nach Brooklyn und dort war die Stimmung unbeschreiblich. „Welcome to Brooklyn! “, „Allez la France!“ und „Allez les Bleus!“. Das war an mich gerichtet, an die Läufer mit französischen Shirts. Die Franzosen bilden mit 2838 Läufern nach den Italieniern (3245) und den Briten (2995) die drittgrößte Nationen-Gruppe. |
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Ich war enttäuscht, dass nur die Kilometer 5, 10, 15 usw. angezeigt wurden. Ich musste meine Geschwindigkeit nach den Meilen berechnen, ich wollte mit 4:00 min/km starten, das war recht einfach umzurechnen. Es bedeutete 6:26 min/mile, aber ich bin ein wenig zu schnell losgelaufen. 0:18:48 h bei Kilometer 5, die 10 Kilometer passierte ich bei 0:37:45 h. Das war beinahe der Moment, als ich Lance Armstrong überholte, den siebenfachen Gewinner der Tour de France (und unter Dopingverdacht). Er hatte letztes Jahr bei seinem ersten New York Marathon, den er mit 2:59:36 h finishte, erklärt, „it was the hardest physical thing I've ever done“. Dieses Jahr lag er beim Halbmarathon bei 1:23:41 h und am Ende waren es 2:46:43 => Well done Lance, nice negative split! (die zweite Hälfte war schneller als die erste). | ![]() |
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Ich komme zurück zu dem Punkt, als ich den Star mit seiner Truppe überholte, die von der Seite ständig gefilmt wurde. Ich war gut in Form, aber ich verbrannte mich ein wenig. Dazu kam, dass ich ein wenig den Kasper mit den Zuschauern spielte. Auf der großen Fourth Avenue in Brooklyn hob ich den rechten Arm, um die Menge aufzuwecken. Das funktionierte wirklich gut und die Anfeuerungen waren wirklich ohrenbetäubend. Ich bedankte mich bei der Menge mit einer kleinen Vorführung von Retro-Running (Rückwärtslaufen). Das machte ich ca. 60-80 m, das war sehr nett, aber letztlich auch etwas ermüdend. | ![]() |
Photo selber währen ddem Lauf mit der Handy genommen, gegen km 15. |
Die „Ernsten“, das könnte der Name der ultraorthodoxen Juden von Brooklyn sein (ein Buch ist ihnen heilig). E sind fast 40.000 in Williamsburg, alle in schwarz. Die Frauen und die Kinder haben einen Look wie in den Fünfzigern, der ein bisschen Angst macht. An der Strecke sind sie vollkommen gleichgültig, nur einige Kinder sitzen auf den Fußwegen und schauen schweigend zu. | Bei Kilometer 20 kam ich im Noren von Brooklyn nahe bei Muriel und Bruno vorbei, die uns beherbergt haben. Caroline gab mir wie abgesprochen eine Flasche Wasser, aber ich kann sagen, dass dies nicht wirklich notwendig war, man brauchte nur zu trinken bei diesem Marathon. Ab Kilometer 5 gab es bei jeder Meile Verpflegung. Hier, kurz nach Kilometer 20, fühlte ich, dass etwas in meinem Darm nicht richtig rund lief. Au! Ich weiß nicht genau, was es war, vielleicht die Pasta vom Vorabend, die ich mit Tomatensauce gegessen habe (wir waren eingeladen). Vielleicht aber auch die „low-fat“ cake, die ich mir während der Wartezeit vor dem Start gekauft hatte, die zwei „big coffee“ vor dem Start zwischen 6.00 und 10.00 Uhr – ich weiß es nicht. Immer habe ich eine gute Minute auf der Toilette verbracht, bis zum Halbmarathon. Davon gab es reichlich auf der Strecke, Gratulation an die Organisatoren. |
Von dem Pulaski bridge aus. Das ist die Brücke von Brooklyn bis zum Queens (Handyphoto). |
Nachdem ich mich erleichtert hatte, war ich wieder gut in Form. Ich lief die Halbdistanz in 1:23:19 h. Während meiner Pause hat mich Lance Armstrong wieder überholt. Auf der Brücke nach Queens hinüber mache ich einige Fotos mit meinem Handy, die Stimmung war immer super. Wir blieben nicht lange in Queens und die Gegend da war ziemlich trübe. Bei Kilometer 25 kam de dritte Brücke hinüber nach Manhattan und das war der Wahnsinn. Man ist noch auf der Queensborough Bridge, wo man schon den Lärm und den Jubel von Manhattan hört. Unbeschreiblich! Dazu kamen Schilder „If you think ‚10 miles to go’ means easier“ und dann „Welcome to easier“ und schließlich „Welcome to Manhattan“. Die Menge ist dichtgedrängt und in Bewegung und es gibt einen permanenten Lärm. Fast wie ein ständiges Ohrenrauschen, was dich bis zuletzt nicht verlässt.
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Video von "ptibec" auf Dailymotion. Danke an ihm! Man sieht die Stimmung in Manhattan. |
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Die First avenue ist sehr lang. Handyhoto: |
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Wir verlassen Harlem und kommen über eine Brücke in die Bronx, kurz abgeschweift. In den Bronx machte ich erneut eine „Toilettenpause“ von mehr als einer Minute. Meinen Gedärmen ging es nicht so gut. In diesem Moment, bei Kilometer 34, am Ziel, war ich wirklich kaputt. Ich habe von Manhattan nicht mehr viel mitbekommen. Wir sind die Fifth Avenue hinabgelaufen. Als wir in den Central Parc kamen, wusste ich, dass gleich das Ziel kommt, aber es blieben noch mehr als 4 km. Lange ist der Park flach, aber es gibt auch ein bergiges Stück. An de Südseite läuft man wieder hinaus aus dem Park, „800 m to go“, „800 yards to go“ (das sagte mir nicht viel), dann „400 m to go“ und ich sagte mir, „allez, plus qu’un tour de piste“. Ich hob meine Arme auf der Ziellinie, Mission rfüllt, 2:57:03 h, aber es war hart. Man erhielt eine Wärmeschutzfolie und ich ging langsam. Ich fühle mich schwach. Die Jungs von der „medical care“ machen einen visuellen check bei den Läufern, einige sind in einem ??? Zustand, müssen gestützt werden. „Are you OK?“ fragen mich ein, zwei und ich antworte „Yes, I’m fine, just a bit weak.“ Im Zielbereich keine Tische mit Obst, Rosinen etc., aber jeder bekommt eine Tüte (mit einem Getränk und einem Apfel). Die Wagen mit dem Gepäck sind von 1 bis 69 durchnummeriert. Natürlich, mein Gepäck ist im Wagen 60, 600 m zu laufen. Da ich mich ziemlich schwach fühlte, wollte ich die security testen und wandte mich an einen Typen von dr „medical care“, der mich zu einem Zelt brachte. Ich setzte mich und nahm zwi Beutel Salz (NaCl-Kochsalz) mit ein bisschen Wasser. Danach ging es besser, am Abend feierten wir mit unseren Freunden in Brooklyn. Erst danach habe ich mir vergegenwärtigt, was für ein „thrilling event“ das war, welches ich sicher nicht so schnell vergessen werde. |
Overdone bin ich! |
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Handyphotos... | |
(c) Photo Dlapota |
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Am Ende 2:57:03, Platz 589 von 38.439 Finishern, aber die Zahlen sind bei diesem Ereignis nebensächlich. |